Startups in schwierigen Zeiten

 

Ein angespannter Markt, sinkende Investitionssummen und schlechte Stimmung durch die Krise: So steht es aktuell um viele Startups.  

Markt

Der Deutsche Startup-Markt lässt sich aktuell mit der Entwicklung zweier Poole beschreiben, wir haben die Krisengewinner und die Krisenbetroffenen, wobei die gesamtwirtschaftlichen langfristigen Auswirkungen auf den Startup-Markt im Moment sicher noch gar nicht abschätzbar sind. Aktuelle Headlines in den Medien wie „Corona-Krise zwingt weiteres Startup in die Knie“ oder „Coronakrise trifft Startups mit voller Wucht“ sind nur zwei Beispiele, welche die Dramaturgie beschreiben. 

Die Situation ist angespannt und je nach Branche natürlich auch sehr unterschiedlich. Startups in den Bereichen Software, E-Commerce, Entertainment, Gaming, Fitness, Healthcare, um nur ein paar Beispiele zu nennen, sind überwiegend recht positiv gestimmt. Sie bieten Produkte und Leistungen an, die im Moment einfach gut in die Zeit passen und damit vom Markt angenommen werden. Startups aus z.B. den Bereichen Reisen, Tourismus, Verkehr, Kultur und der Gastronomie oder gastronomienahen Bereichen bangen dagegen überwiegend um ihre Existenz und haben teilweise kaum einen Euro Umsatz in diesem Jahr verdient. Nun ist da auch noch die Angst vor der Zweiten Welle. Da eine Entspannung des Marktes somit gar nicht absehbar ist, rechnen Experten mit vielen Geschäftsaufgaben bis zum Jahresende.

Finanzierungen

Neben dem Umsatz und damit der Nachfrageseite quält ein weiterer großer Baustein die Szene. Die Investitionssummen sind deutlich gesunken. Startups verfolgen ein hohes Wachstum und sind weniger darauf bedacht, ihren Umsatz zu optimieren. Dafür benötigen sie teilweise hohe Investments. Zwei Mal im Jahr veröffentlicht die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young ihr Startup-Barometer, mit Marktzahlen rund um die Startup-Finanzierungen in Deutschland. Der letzte Bericht aus Juli zeigte die Entwicklungen des ersten halben Jahres 2020. Die Investitionssummen sind um 22% auf 2,2 Milliarden Euro deutlich zurückgegangen, wogegen die Anzahl der Investitionen um 8% auf 360 Deals gestiegen ist. Vor allem Großdeals (>100 Mio €) kamen im ersten Halbjahr weniger zustande. Berlin und Bayern waren führend.

Während private Investoren in Krisenzeiten zurückhaltender werden, möchte der Staat den jungen Unternehmen helfen. Deutschland braucht eine intakte Startup-Landschaft, um auch in Zukunft wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben. Es sollen Arbeitsplätze und Innovationen gesichert werden, wenn ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell vorliegt. Die Bundesregierung verabschiedete Anfang April ein Zwei-Milliarden schweres Corona-Hilfspaket für Startups. Bereits bestehende Programme wurden um diesen Betrag ergänzt. „Größere Startups haben bislang staatliche Corona-Hilfen in Höhe von 614 Millionen Euro bekommen. Dafür seien 28 Anträge bewilligt worden, teilte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit. Die Wagniskapitalfonds, über die sich größere Startups finanzieren, wollen damit rund 330 Neugründungen unterstützen. Insgesamt wurden von den Fonds bis heute 75 Anträge mit einem Gesamtvolumen von 1,16 Milliarden Euro gestellt.“ heißt es auf der Seite der Bundesregierung, Stand 19.08.2020.

Das Hilfspaket besteht aus zwei Säulen. Während Säule I sich an VC-investierte Startups richtet, ist die Säule II für kleinere Startups gedacht, bei denen keine VC-Finanzierung in Frage kommt. Die konkrete Ausgestaltung für die Säule II obliegt den einzelnen Bundesländern und hier ist auch im Moment noch der Knackpunkt. Während in einzelnen Ländern bereits Anträge gestellt werden können, ist es in anderen Bundesländern noch nicht möglich, Stand 09/2020. Ein einzelnes Startup kann innerhalb des Hilfspaketes Säule II max. 800.000 Euro erhalten. 

Stimmung

Anfang Juni hatte in einer Bitkom-Umfrage jedes zweite Startup (47 Prozent) angegeben, dass durch die Corona-Krise die eigene Existenz bedroht ist. Rund zwei Drittel (63 Prozent) kritisierten, dass die Politik zu wenig unternimmt, um in Not geratene Startups zu unterstützen. Viele Startups befürchten im Moment eine geringe Chance auf eine Finanzierung. Während vor dem Lockdown 34% der Befragten Startups an eine gewünschte Finanzierung glaubten, waren es nach dem Lockdown nur noch 18%. 23% der befragten Startups spielen sogar mit dem Gedanken Deutschland zu verlassen, da sie sich im Ausland eine höhere Finanzierungswahrscheinlichkeit versprechen. Viele Startups kritisieren, dass die staatlichen Hilfen einfach sehr spät kommen, der Lockdown liegt Monate zurück. 

Fazit

Unsere Startup-Landschaft ist im Moment sehr angeschlagen und Gründer in Sorge. Für eine Vielzahl an Startups wird sich der Markt nicht schnell genug erholen. Für die Zukunft sollten wir jedoch grundsätzlich optimistisch nach vorn schauen. Junge Gründer sind vor allem wendig, kreativ und weitestgehend sehr gut digitalisiert. Wichtig ist es vor allem Durchhaltevermögen und Ausdauer zu beweisen, die Kosten anzupassen und Geschäftsmodelle ggf. nachzujustieren, vor allem wenn die Startups sich noch in frühen Phasen befinden. Private Investoren werden zurückhaltend bleiben und warten, bis sich der Markt stabilisiert. Für gute Geschäftsmodelle wird man allerdings weiter Unterstützungen finden, ggf. fallen sie nicht ganz so lukrativ und hoch aus, wie dies noch vor einem Jahr der Fall war. Die staatlichen Hilfspakete gilt es auf jeden Fall zu nutzen und sich weitestgehend durchzubeißen. Die Zeiten sind ganz gewiss sehr schwierig, aber nicht aussichtslos.

Quellen: 

https://assets.ey.com/content/dam/ey-sites/ey-com/de_de/news/2020/07/ey-startup-barometer-juli-2020.pdfhttps://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/corona-hilfen-fuer-start-ups-1778186https://kfw-capital.de/wp-content/uploads/2020-18-18-1-Halbjahr-2020-KfW-Capital_final-1.pdfhttps://www.growr.de/coronahilfsprogrammhttps://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Flickenteppich-bei-Corona-Hilfen-fuer-Startupshttps://www.getstarted.de/startup-land-saeule-IIhttps://www.n-tv.de/wirtschaft/wirtschaft_startup/Mehr-Startups-sehen-Finanzierung-in-Gefahr-article21898296.html

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