Prognosen zur Wirtschaftsentwicklung

 

Erneuter Lockdown, korrigierte Wirtschaftsprognosen, steigende Arbeitslosenzahlen und trotzdem Hoffnung. Welche Prognosen machen Politik und Wissenschaft und was können wir tun?

Mit Beginn des Novembers hat die Bundesregierung einen zweiten Lockdown angeordnet. Die Corona-Pandemie lässt sich mit bisherigen Maßnahmen nicht eindämmen und so wird unsere Wirtschaft ein weiteres Mal stark strapaziert, nachdem sie sich gerade ein wenig zu erholen schien.

Welche Prognosen lassen sich nun machen? Wir haben uns dazu einmal umgeschaut und verschiedene wissenschaftliche und politische Betrachtungen angestellt.

Zahlen aus dem DIW

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hatte gerade im September eine Prognose aufgestellt. Darin gingen Ökonomen davon aus, dass sich unsere Wirtschaft bis zum Anfang 2022 wieder auf Vorkrisenniveau erholen würde. Mit dem erneuten Lockdown werden die Vorhersagen deutlich nach unten korrigiert. Der zweite Lockdown könnte unsere Wirtschaftsleistung etwa 20 Milliarden Euro der gesamtwirtschaftlichen Leistung kosten und über Jahre unsere Wirtschaft schwächen.

An dieser Stelle rieten Wirtschaftswissenschaftler viel zielgerichteter, regionaler und anlassbezogener mit einer Lockdown-Regelung umzugehen, statt pauschal unser ganzes Land flächendeckend erneut in den Lockdown zu schicken.

Auch der Arbeitsmarkt wird sehr unter den entschiedenen Maßnahmen leiden. Ging der IWD noch im September von einer Arbeitsmarkterholung von etwa 15.000 Arbeitslosen weniger im nächsten Jahr aus, wird nun mit weiter steigenden Arbeitslosenzahlen gerechnet. Da der Arbeitsmarkt träger reagiert, wird sich also hier erst im nächsten Jahr der Anstieg der Zahlen bemerkbar machen, man geht aufgrund der aktuellen Situation von etwa 15.000 Arbeitslosen mehr auf dem Markt aus. Die Arbeitslosenquote wird damit für 2020 auf 5,9% und für 2021 auf 6% prognostiziert.

Mit 5,8 Milliarden Einbußen trifft der zweite Lockdown unsere Gastronomie und Hotellerie am Härtesten, gefolgt von den Bereichen Sport, Kultur und Unterhaltung mit etwa 2,1 Milliarden Euro Einbußen. So schätzt das DIW die Situation ein.

Meinungen unserer Bundesregierung

Die Bundesregierung prognostiziert einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes für 2020 von 5,5 Prozent. Damit stürzt die deutsche Wirtschaft in eine tiefe Rezession, die kaum schwächer ausfällt, als die aus der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008. Die Bundesregierung geht von einer Erholung in 2021 aus und sagt weitgehende Unterstützung und finanzielle Hilfen für Unternehmen zu, die unverschuldet durch diese Krise in wirtschaftliche Not geraten.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier erklärt zum zweiten Lockdown: „Die einstimmig getroffenen harten Beschlüsse sind richtig und notwendig, um die rasante Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen und die Infektionsdynamik zu brechen. Nur wenn dies gelingt, kann sich der Erholungsprozess unserer Wirtschaft dauerhaft fortsetzen und schwerer Schaden für Unternehmen und Beschäftigte verhindert werden.“

Für die neuen Hilfen im November hat der Bund bis zu zehn Milliarden Euro vorgesehen. Die Regierung habe sich vom Bundestag große Finanzielle Mittel freigeben lassen, um die schweren wirtschaftlichen Folgen abfedern zu können. Olaf Scholz sagte: "Wir haben die Kraft, für dieses und das nächste Jahr Wirtschaft und Arbeitsplätze zu stabilisieren“.

Während aus Regierungskreisen große Wirtschaftshilfen zugesagt werden, auch über den November hinaus, kritisiert der Bundesrechnungshof die hohe Verschuldung durch die Corona-Krise. Rechnungsprüfer bezweifeln die Notwendigkeit und beurteilen diesen Kurs als höchst riskant. Für Olaf Scholz dagegen sind die aktuellen Corona-Hilfen für den Staat deutlich günstiger, als es die wirtschaftlichen Schäden ohne Unterstützung der Politik wären. Ein ausgeglichener Haushalt vor der Corona-Krise und das historisch niedrige Zinsniveau machen das möglich, laut Olaf Scholz.

Beurteilung durch den Rat der Wirtschaftsweisen

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein Gremium, dass sich wissenschaftlich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands beschäftigt. Es unterstützt die Urteilsbildung aller wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit.

Sein Vorsitzender Lars Feld geht von einem glimpflicheren Verlauf der Corona-Pandemie für die deutsche Volkswirtschaft aus als bisher angenommen und bezogen auf die Finanzkrise 2009. Die Wirtschaftsweisen sind damit deutlich optimistischer als die Bundesregierung. Das BIP wird in 2020 nach ihrer Einschätzung trotz erneutem Lockdown um 5,1 Prozentpunkte sinken und so korrigiert das Gremium der Experten seine Prognosen seit Sommer kontinuierlich nach oben. Dazu im Vergleich war 2009 Europas größte Volkswirtschaft um 5,7 Prozent geschrumpft. 

Grund für die deutlich optimistischere Betrachtung sind aus Sicht der Experten drei Punkte: einmal die deutsche Industrie, welche kontinuierlich weiterarbeiten kann, dann der in Aussicht stehende Impfstoff und die aus der Politik kommende sehr entschlossene und rasche Handlungsweise. Allein das Konjunkturpaket der Regierung steigere die Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um etwa 1,1 Prozent. Selbst wenn es also im Dezember zu anhaltenden und weitreichenderen Schließungen kommen sollte, bleibt die Prognose weniger dramatisch, solange die Industrie weiterarbeiten kann.

Die fünf Wirtschaftsweisen sind somit deutlich optimistischer als Forschungsinstitute und die Bundesregierung, die aktuell rund fünfeinhalb Prozent Rückgang der Wirtschaftsleistung erwarten.

Jedoch gehen auch die Wirtschaftsweisen von einem sehr langsamen Erholungsprozess aus und prognostizieren für 2021 ein Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent.

Einschätzungen durch Zukunftsforscher

Zukunftsforschung untersucht wissenschaftlich zukünftige Entwicklungen. Sie erstellt keine Prognosen, sondern analysiert und identifiziert gegenwärtige Trends und Entwicklungen, die sich zukünftig verstärken lassen. Wichtige Betrachtungen der Zukunftsforscher sind die Megatrends, davon gibt es 12 Stück (wie z.B. Mobilität, Globalisierung, Konnektivität, Digitalisierung usw.). Sie sind die maßgeblichen Treiber des gesellschaftlichen Wandels, also betreffen ganz große Veränderungen über Jahrzehnte hinweg, die alle Lebenslagen berühren. Diese muss man nicht beweisen, sie sind jedoch die Antreiber der Zukunft. Die aktuelle Corona-Krise verändert einige dieser Megatrends insofern, dass sie manche verstärkt und andere wiederum abschwächt oder verändert.

Beobachten können die Zukunftsforscher, dass die Menschen in der aktuellen Situation keine Zukunftspläne mehr machen, die Zukunft also auch eher als unberechenbar einschätzen, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Die Pandemie, auch mit der nun voranschreitenden zweiten Welle, hat für viele Menschen persönlich gravierende Auswirkungen auf ihre Gesundheit, ihre berufliche Situation, auf ihre sozialen Kontakte, sowie auf ihre Freiheit und ihre Lebensplanung. Die Stimmung ist daher eher pessimistisch.

Die Zukunftsforscher beobachten allerdings auch weitere positive Effekte. So verändern sich Arbeitswelten rasant, unsere Wirtschaft wird nachhaltiger und die Gesellschaft umweltbewusster, allein durch die fortschreitende Digitalisierung. Hier kann man sehen, dass ein Trend, nämlich der der Digitalisierung, noch einmal enorm befeuert wird, auch bei der Konnektivität. Videotelefonie verbindet plötzlich Familien mit den Großeltern oder Grundschüler bekommen per Videotelefonat ihre Lerneinheiten nach Hause übermittelt.

Auch die Mobilität verändert sich enorm. Während für uns bis vor der Pandemie viele Reisen und grenzenlose mobile Lebensformen möglich waren, hat der Lockdown zu einer enormen Entschleunigung geführt. So stellen wir in Frage, ob berufliche und private Reisen auf dem Vorkrisenniveau überhaupt sein müssen.

So hat z.B. das Zukunftsinstitut aus Frankfurt vier Zukunftsszenarien für die Zeit nach Corona entwickelt. Sie betrachten darin einmal, wie wird Vernetzung nach der Krise gelöst, eher global oder eher lokal und sie schauten sich an, wie Beziehungen gelingen können zwischen Menschen, Nationen oder auch Städten. Daraus ergaben sich auf der einen Seite zwei sehr pessimistische Szenarien, dass der „Totalen Isolation“ und des „System Crash“ und auf der anderen Seite zwei sehr positive Szenarien, nämlich das der „Relokalisierung“ und dass der „Adaption“.

Die Forscher sehen das Szenario der „Adaption“ am wahrscheinlichsten und auch am wünschenswertesten an. Daraus werden wir als Gesellschaft krisenfester, also resilienter; wie werden die positiven Effekte der Krise für uns mitnehmen, bewusster, sozialer und lokaler konsumieren. Wir werden mehr Wert auf regionale Lieferketten legen und mit den Auswirkungen unseres eigenen Handelns sehr viel achtsamer umgehen, also das „Wir“ mehr im Auge haben. Wir werden auch den Klimawandel weiter in unseren Fokus nehmen müssen und unseren Konsum, unser Mobilitätsverhalten und unser Wirtschaften darauf anpassen. Trotz der großen Einschränkungen und den wirtschaftlichen Problemen könnte sich als positiver Effekt durchsetzen, deutlich minimalistischer zufrieden zu sein. Die Corona-Pandemie hat ganz viele Menschen zwangsweise in diese Situation versetzt, mit denen wir als Menschen auch gute Erfahrungen gemacht haben. Wir haben die Chance, daraus eine bessere Lebensqualität und ein besseres Wirtschaften zu entwickeln.

Diese Zukunftsbilder der Zukunftsforscher sind eher Denk- und Orientierungshilfen und in ihrer optimistischen Ausprägung sehr wichtig, so die Wissenschaftler, weil sie unser Handeln und unsere Ausrichtung prägen werden. Also sollten wir uns an bewussten und wünschenswerten Zukunftsbildern orientieren und der Situation nicht nur negative Einflüsse zusprechen.

Unser Fazit

Man könnte diese Betrachtungen nun immer weiter ausdehnen und auch schauen, was prognostizieren Soziologen, Kulturwissenschaftler, Ärzte, Psychologen, Virologen, Umweltforscher, Unternehmer usw. Die Entwicklungen sind rasant und im Moment erscheinen sie uns schwer begreifbar und einschätzbar. Wir wissen, dass wir länger mit den Auswirkungen dieser Krise leben müssen und es wird Gewinner und Verlierer geben, leider auch sehr viele, die es völlig unverschuldet sind.

Wichtig ist aber, die Situation weiter als Antreiber zu betrachten und egal ob wirtschaftlich oder mental, die rasanten Veränderungen als wegweisend anzunehmen und sie mitzugestalten. Die aktuelle Krise ist für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft vielleicht sogar sehr wichtig, sie setzt Impulse und beschleunigt Prozesse und Entwicklungspfade, für die wir ohne Krise vielleicht sogar zu lange benötigt hätten.

Es gibt also Auswege und Lösungen und wir als Primera können aktiv dabei unterstützen, für Sie einen neuen Weg einzuschlagen. So können wir die jeweilige Situation bewerten, Maßnahmenpläne erstellen und die Umsetzung strukturiert gemeinsam durchführen. Niemand sollte daher in eine Schockstarre verfallen.

 

Quellen:

Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.

Norddeutscher Rundfunk Statista GmbH

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

DER SPIEGEL GmbH & Co. KG

Wikimedia Foundation Inc.

Handelsblatt GmbH

BEBE Medien GmbH

Zukunftsinstitut GmbH

 

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