Haftungsrisiken eines Interim Managers

Unser Praxisbeispiel
Im Dezember erhielten wir eine spannende Anfrage. Ein mittelgroßes Unternehmen, in dem die Unternehmerin bereits seit einigen Wochen gesundheitsbedingt ausgefallen war, benötigte Hilfe. Die Geschäftsführerin wünschte sich eine gesamtverantwortliche Unterstützung und die dringende Übernahme der Führung der Mitarbeiter vor Ort. Um das Geschäft bestmöglich fortzuführen, mussten vor allem entstandene große Kommunikationsprobleme behoben, Strukturen verbessert und auch Kapazitäten aufgebaut werden.
Ein Interim Manager ist es i.d.R gewohnt, in schwierige Unternehmenssituationen einzusteigen und strukturiert und sachlich vorzugehen. Die Übernahme einer solchen Aufgabe beinhaltet aber neben einer großen Verantwortung auch ein enormes Risiko. Unter haftungsrelevanten Gesichtspunkten unterscheidet man zwischen dem Interim Manager ohne Organhaftung und dem Interim Manager mit Organhaftung.
Interim Manager ohne Organhaftung
Als Interim Manager ohne Organhaftung übernimmt man durchaus Führungsaufgaben, z.B. auf Abteilungsleiter- oder Projektleiterebene, trifft aber keine Entscheidungen als Organ des Unternehmens. Die Aufgaben sind immer zeitlich befristet.
Die Haftung für den Interim Mangers ohne Organfunktion ergibt sich allgemein nach § 280 Abs. 1 BGB für Schäden, die durch die Verletzung einer Pflicht aus seinem Dienstvertrag verursacht worden sind.
Interim Manager mit Organhaftung
Der Interim Manager mit Organhaftung übernimmt zeitlich befristet nicht nur Führungsaufgaben, sondern auch die Führungsverantwortung als Geschäftsführer oder als Vorstand. Der Interim Manager gehört so übergangsweise zu den Organen des Unternehmens und ist in einer ganz anderen Haftungssituation.
Er haftet dann zusätzlich auch gesellschaftsrechtlich, d.h. für Schadensersatzansprüche, die aus Pflichtverletzungen seiner Tätigkeit als Mitglied des Managements resultieren.
Da das Management „gesamtschuldnerisch“ haftet, spielen aber nicht nur „eigene“ Pflichtverletzungen eine Rolle. Für den Interim Manager mit Organfunktion greifen somit auch die Regelungen des AktG und des GmbHG. Liegen andere Verschulden vor, muss sich der einzelne Interim Manager entschulden, also das angenommene Verschulden widerlegen.
Fehlende Funktionsabgrenzung
In unserem beschriebenen Praxisfall fehlte genau die Funktionsabgrenzung. Zu Beginn des Mandates gingen wir davon aus, dass Lars die volle Gesamtführung übernimmt und dafür auch alle Informationen erhält. In dieser Konstellation wäre er also als Interim Manager mit Organhaftung in die Aufgabe gestartet.
Über die anfänglichen Gespräche kristallisierte sich dann jedoch heraus, dass die Aufgabe abgespeckt ausgefüllt werden sollte, also schon die Geschäftsführerin ersetzend, aber ohne wirtschaftliche Einblicke sein sollte. Somit war hier für den Interim Manager die Liquidität des Unternehmens unbekannt und Insolvenzrisiken nicht abschätzbar. An dieser Stelle traten große Bauchschmerzen bei uns auf, denn aus dieser Konstellation ließen sich eine faktische Organstellung ableiten, die dann den Interim Manager in die volle Verantwortung mit allen Rechten und Pflichten versetzt. Aus Sicht der Unternehmerin ist die Vergabe der Aufgabe in dieser „light“-Version absolut nachvollziehbar und keine bösgemeinte Absicht. Für den Interim Manager allerdings eine fatale Haftungssituation.
Fazit
Der Fehler lag auf unserer Seite darin, die Situation vor Vertragsunterzeichnung nicht genau abgeklärt zu haben. Unser Vertrag sollte kurz und schlank bleiben. Aus heutiger Perspektive natürlich ein großer Fehler. Die Funktionsabgrenzung hätte ein klares Bild gegeben. Wird ein interimistischer Geschäftsführer benötigt, ist die volle Transparenz nötig. Ist dies vom beauftragenden Unternehmen nicht gewollt, sollte der Interim Manager dagegen auf der zweiten Führungsebene eingesetzt werden. In dieser Position hätten sich Maßnahmen ebenfalls identifizieren und erarbeiten lassen, allerdings wären dann enge Abstimmungen mit der Unternehmerin unabdingbar. Wir werden zukünftig unseren Vertrag präzisieren müssen und in der vorvertraglichen Phase klarer abgrenzen, welche Rolle der Interim Manger übernehmen soll.
Das Mandat haben wir nach nur wenigen Wochen zurückgegeben.
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